Sommer

Wieder ist eine längere Pause in den Gestaltungsarbeiten „Drüben im  Garten“ angesagt, die ich nutze, um Holunderblütensirup anzusetzen. Frank hat mir hübsche Flaschen besorgt, die Schilder sind gedruckt, der Sirup ist abgefüllt.

In der Zeit ist auch der Sommer eingezogen, was  mich überrascht und Veränderungen mit sich bringt.
Regenschirm wird gegen Sonnenschirm und aufgespannte Markise ausgetauscht, Kleiderhüllen fallen.
Die hochsommerlichen Temperaturen sind noch ungewohnt und lähmen ein wenig.
Als gesunde Muntermacher eignen sich frische Minze und Zitronenmelisse oder geraspelter Ingwer in Wasser, um in Schwung zu kommen. Auch ein Schuss Sirup mit einer Scheibe Zitrone verwandelt Mineralwasser in ein erfrischendes Getränk.

Die versetzten Rosen sind allesamt kahl und tragen kein Blatt mehr. Besorgt schneide ich sie zurück, dünge sparsam und spende ihnen eine frische Schicht Erde. Meine Bemühungen werden belohnt, wenig später treiben sie zögerlich aus.

Es ist heiß, so heiß, dass ein paar Blättchen und Knopsen der Hortensien verbrannt sind.
Das Gemüse hingegen gedeiht wunderbar üppig, obwohl es den ganzen Tag der prallen Sonne ausgesetzt ist.
Für Kräuter, die noch auf ihre Beete warten, suche ich schattige, kühlere Plätze und verteile sie im ganzen Garten.

Der erste Flaum der neu gesäten Blumenwiese ist sichtbar, das Moos ist endlich in den Hintergrund getreten.
Die Blumenwiese ist das Herzstück eines naturnahen Gartens. Sie sieht nicht nur schön aus, sie bietet auch Lebensraum für viele heimische Tier- und Pflanzenarten.
Winzigste Jung-Grasfröschchen fühlen sich hier zwischen den hohen Halmen zu Hause. Wildbienen und Schmetterlinge finden ungefüllte Blüten, deren Nektar sie trinken.

Abwesend zupfe ich ein wenig Klee und drifte ab in die Zukunft…
„Ist das Gras hoch! Gehört das so?“, höre ich Alex, unseren ältesten Sohn, erstaunt fragen. Er ist zum Essen gekommen. Ein wenig vergeht mir der Appetit, da ich weiß, was nun auf mich zukommen wird…

Zum Zeitpunkt des Säens der Blumenwiesenmischung ist mir nicht bewusst gewesen, dass Saatgut für Blumenwiesen einen hohen Anteil an Gräsern enthält. Die Namen sind zu verlockend, Feldblumenmischung, Kräuterwiese,  Bienenweide, Blütenteppich und wie sie alle verheißen.

Gewissenhaft habe ich immer wieder nachgesät und ein kleines Vermögen in unsere Blumenwiese investiert, bevorzugt in einer Mischung mit Kokosflocken, um das Feuchthalten der Samen zu erleichtern.
Am Ende des ersten Sommer hat die Blumenwiese auch recht schön geblüht und unser Kätzchen hat sich mit  Vorliebe im flauschigen „Etwas“ aufgehalten.

Vor allem Inkarnatklee ist mir zu der Zeit noch angenehm aufgefallen, was an seinen tiefroten, samtigen Blütenständen liegt, die wie Kerzen aus dem Grün ragen.
Inkarnatklee ist eigentlich als Futterpflanze bekannt und dient zur Bodenlockerung mit seinen langen Wurzeln.

Ein Highlight zum Abschluss des ersten Gartenjahres ist es sicherlich gewesen, die Blumenwiese abzumähen.
Es war schon Ende November, da der Spätherbst mild war, und der eine oder andere Herbstkrokuss hat noch ein seidig zerknittertes Blättchen getragen. Der Duft der frisch gemähten Wiese ist übewältigend gewesen, wie ich mich erinnere.

Zum Gartensaison-Ausklang habe ich eine Menge Wildkrokusse, Wildtulpen und Schneeglöckchen gesteckt und die Vorfreude ist mehr als groß gewesen.
Bedingt durch das feuchte und kühle Klima hat sich die Wiese im zweiten Frühsommer üppig entwickelt, Inkarnatklee hat mit seinen fleischigen Blättern dominiert, die Gräser sind kräftig gewachsen.

Und es ist der Tag gekommen, an dem der Inkarnatklee kniehoch geschossen ist mit stabilen Stängeln, so dass mit nichts anderes übrig geblieben ist, als die Pflanzen mit beiden Händen zu packen und zu entwurzeln. Die Aktion hat Stunden gedauert, danach sah die Blumenwiese wieder luftiger aus

Und nun fällt die verhängnsivolle Bemerkung von Alexander: „Ist das Gras hoch, gehört das so?“
Schlagartig fällt es auch mir auf. Besonders an zwei ausufernden Stellen der Blumenwiese ist das Gras so hoch und dicht gewachsen, dass die dahinter blühenden Rhododendren kaum zu erkennen sind.
Mein Entschluss reift, die Blumenwiese noch vor dem Frühmahd-Termin Ende Juni, Anfang Juli, abzumähen. Nämlich  jetzt sofort. Der Rasennäher steht schon parat, da bremst mich Julia, unsere Tochter, ein paar Stunden später mit schwärmerischer Begeisterung: „Es sieht so schön aus, wenn die Blumenwiese so hoch ist!“
Also packe ich wieder mit beiden Händen die störenden, sperrigen Grasbüschel und entwurzele sie. Langsam bekomme ich Routine.

Dennoch habe ich die letzte Juniwoche herbeigesehnt, Termin für die Frühmahd. Die meisten Wildblumen sind zu der Zeit gereift.
Es ist wichtig, in Etappen und in verschiedenen Stufen mit zeitlichem Abstand zu  mähen, um Grasfröschen und anderen Lebewesen Gelegenheit zu geben, sich in Sicherheit zu bringen. Ein erster grober Schnitt von Hand hat sich bewährt.
Genau in der Mitte ist der dekorative, blau blühende“ Natternkopf“ stehen geblieben, eine Pflanzgattung aus der Familie der Raublattgewächse.
Der Duft ist wieder betörend gewesen und ab nun wird die Blumenwiese „geimpft“.
Hierfür werden mit der Handschaufel kleine Areale vom Boden abgetragen (und auf den Kompost gegeben), in die der mit Sand vermischte, reine Wildblumensamen gestreut wird. Hartnäckige Grasbüschel und Klee steche ich aus oder rupfe mit denHänden, fülle mit Sand auf, um die Wiese nach und nach abzumagern.

Eine Blumenwiese braucht einfach Zeit, um niedrige, halbhohe und hohe Kräuter und Blumen zu tragen. Das Augenmerk ist darauf ausgerichtet, einen Blütenreichtum zu erzeugen und dann auch zu halten.
Noch bin ich in der anstrengenden Stufe ses „Erzeugens“, aber es macht auch Freude, seine eigenen Blumenwiesen-Erfahrungen zu sammeln.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert