Offene Gartenpforten

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber ab und zu betrachte ich den neuen Garten auch aus einer ungewohnten Perspektive im Sitzen. Nur für ein kleines Weilchen.
Für das Rondell am Teich haben wir zwei Bistrostühle mit Tischchen aus Holz erstanden. Ich sitze im Schatten der großen Rispenhortensie, die aus dem alten Garten verpflanzt wurde, und habe die neu gestaltete Fläche im Blickfeld. Sofort kommt Geany angesprungen und kuschelt sich beglückt auf meinen Schoß.

Der Teich hat nun eine Sauerstoffzufuhr, eine Art Luftpumpe, welche mittels kleiner Unterwasserbälle eine Unmenge glitzernder Blasen an der Wasseroberfläche wirft.

Und bei der Gelegenheit stelle ich mit Freude fest, dass so ganz nebenbei und unbeabsichtigt mein gewünschtes „Mäuerchen“ entstanden ist, das ohne Mörtel aufgeschichtet ist.
Die großen Flusssteine sind in diesem Bereich am Rand in mehreren Lagen aufeinandergestapelt, was den Naturgartencharakter betont.
Das Mäuerchen wirkt heimelig und geschützt wie ein Hafen in der Rundung der kleinen Terrasse.
Zwischen den Ritzen fehlen noch Polster- oder Steingartenstauden. Am Boden breitet sich blühender Thymian zwischen den Grasfugen aus.

Noch hat sich keiner der Goldfische blicken lassen und wir sind etwas beunruhigt.
Es sind nun doch zehn Fische geworden, da Marcel beim Einweihungsfest mit fünf Goldfischen zur Verstärkung der bereits vorhandenen Schar überrascht worden ist.
Und dann, an einem Samstagmittag, sichten wir die ersten Fische.
Frank hat im Teich eiskaltes  Grundwasser nachgefüllt, das nach unten gesunken ist. Zögerlich trauen sich die Fische etwas näher an die wärmende Oberfläche heran und blitzen rötlich auf im sonnendurchtränkten Nass.
Wir sind begeistert, Marcel streut großzügig Fischflutterflocken zur Belohnung, die sachte ans Ufer gespült werden.
Die Welt ist in Ordnung.

Da der Garten fast fertig ist und als abschließende, symbolische Handlung nur noch das Geflecht des Maschendrahtes gespannt werden muss, ist es höchste Zeit für eine Unternehmung außerhalb der eigenen vier Wände und Zaunpfosten.

Wir möchten einen Privatgarten besuchen, der seine Pforten aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit eigentlich gar nicht mehr geöffnet hat.
Per Mail haben wir uns angemeldet und eine freundliche Einladung erhalten.
„Viel blüht nicht mehr“, hat der Gartenbesitzer bedauernd am Telefon gewarnt. „Hauptsächlich Hydrangea – Hortensien“.
Schnell habe ich einen großen Strauß Sonnenblumen als Gastgeschenk besorgt.

Das was wir zu sehen bekommen, ist überwältigend.
Der Garten – die Gärten Höllbergs – erstrecken sich auf einer Fläche von über einem Hektar.
Jeder Garten trägt sein eigenes Thema, welches geschickt in das nächste übergeht.
Empfangen werden wir im bunt bepflanzten Vorgarten im Klostergartenstil, den wir durch eine nostalgische Gartenpforte betreten. Der Spaziergang führt über einen ausgedehnten Schattengarten mit ausschließlich weißblütiger Bepflanzung zum nächsten Areal, die alle miteinander harmonisieren und zu einer Einheit verschmelzen. Auf den mit dekorativen Pflastersteinen befestigten Wegen und kleinen Stufen finden sich geschmackvolle Skulpturen und Handwerkskunst, wobei jeder Bereich einen versteckten Sitzplatz in sich birgt. Eine Vielzahl verwitterter Brunnenbecken fängt Regenwasser auf, gegossen wird fast ausschließlich mit der Kanne.
Frank kann nicht umhin, dem Hausherrn beiläufig von unserem neu gebohrten Grundwasserbrunnen zu erzählen, der kalkarmes Wasser in Hülle und Fülle nach oben befördert. Dieser schaut etwas betroffen, seit Wochen hat es nicht mehr geregnet.

Wir bestaunen den Pfingstrosengarten, wobei es noch eine einzige, leuchtend gelbe  Solitärblüte zu entdecken gibt, und der Hausherr fragt unvermittelt. „Mögen Sie Pfingstrosen?“ Ich nicke begeistert. Rasch holt er eine Schere und schneidet direkt vom Strauch verwelkte, trockene Blüten ab. Ich trage sie wie einen Schatz nach Hause.
Die Samen müssen als Kaltkeimer in Töpfen oder auch direkt ins Beet gestreut keimen, wobei Geduld angesagt ist. Bis zur Blüte werden mindestens vier bis fünf Jahre vergehen.

Nach diesem Besuch  und entsprechender Inspiration entsteht der drängende Wunsch nach einem „Pfingstrosenbeet“,  was sehr gut in einen naturnahen Garten passt, noch dazu wo es mir „drüben im Garten“  nun etwas nackt vorkommt nach der Fülle der Gartenzimmer des Privatgartens.
Ein neu ausgestochenes Beet bepflanzt mit robusten Strauchpäonien und Staudenpfingstrosen, die im nächsten Jahr wieder neu austreiben und auch Trockenzeiten gut vertragen.

Und irgendwann vielleicht auch mit den seltenen Wildpfingstrosensorten aus den Gärten Höllbergs, wodurch unsere Anlage an Charakter gewinnen wird, wenn alles blüht.
(Das Foto bei den Pfingstrosen ist mit freundlicher Genehmigung des Hausherren entstanden.)

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