Naturgarten

Wieder ist ein wenig Zeit vergangen, bedingt durch die Feiertage und das Wetter, das hier im Süden die Natur ausgiebig mit Wasser versorgt.
In der nächsten Woche soll es weitergehen, der kleine Bagger, den die Gartenbauer bei Bedarf ausleihen, steht schon in der Wiese bereit.

Herr Gregori hat die Vorstellung, den geschlängelten Weg von der Küche am Gartenhaus vorbei hinüber zum Tümpel mit Kopfsteinplaster zu befestigen und in einem kleinen Rondell am Wasser auslaufen zu lassen. Dabei soll Gras die Fugen auspolstern, so dass sich das entstehende Gartenbild harmonisch in umgebende Landschaft einfügen kann.

Der Bagger gräbt tiefe Furchen wie für einen künstlichen Bachlauf geplant, da die Granisteine einen größeren Durchmesser haben, und ich sehe bereits Wasser durch den Garten fließen.
So ähnlich soll es dann auch kommen, denn es regnet ohne Unterlass, was die Arbeiten erschwert. Die Gartenbauer spannen einen weißen Pavillion auf, damit sie halbwegs geschützt sind. Sie sind bereits auf heißen Kamillentee mit Honig umgestiegen, da es auch noch eisig kalt geworden ist.

Die Baustelle ruht, da das Wetter so gar nicht mitspielen möchte.
Das Kopfsteinpflaster für den geschlungenen Weg und das Rondell am Tümpel ist jedoch fertig gelegt und muss nur noch mit Erde und Samen verfugt werden.
Solange nicht geklärt ist, wo der Grundwasserbrunnen auf der Gartenskizze vorgesehen ist, ist eine Pause einberaumt.

Wir wollen uns in gewohnter Dreierrunde abends treffen, bleiben aber zunächst im Haus. Herr Gregoris Blick fällt sofort bewundernd auf den bunten Strauß Wiesenblumen, der das Glastischchen im Wohnzimmer schmückt.
„Wo haben Sie die schönen Blumen her? Selbst gepflückt?“
„Ja“, antworte ich mit abwinkender Geste, da die Feldblumen mehr als schicht gehalten sind. „Drüben in der Anlage. Dort ist auch ein Stückchen wunderbare Wildblumenwiese, so wie wir es geplant haben.“ Meine Stimme hebt sich ein wenig fragend.
Herr Gregori nicht zustimmend.

Er ist sehr angetan von den Pflasterarbeiten, wir besprechen die nächsten Schritte und gehen Punkt für Punkt die Pflanzliste durch. Die Wahl der Wasser- und Sumpfozonenpflanzen werden wir erst zu Ende der Gartenplanung in Angriff nehmen.

Das Dokument, das er uns bereits per Mail hat zukommen lassen, habe ich übersetzt, da es ausschließlich botanische Bezeichnungen enthält, und ich bin beglückt was ich zu lesen bekomme.
Felsenbirnen, Berberitzen, Pfaffenhütchen, ein Korkspindelstrauch, eine Weigelie, Spiräen, ein Sandorn, eine Blutjohannisbeere, mehrere Zierquitten und ein Bauernjasmin in Weiß. Am Ende der Liste sind drei Rhododendren notiert.

„Ich nehme an, die Forsythie wollen Sie lieber wieder streichen?“, fragt mich Herr Gregori lächelnd.
„Oh ja“, meine ich ein wenig verlegen, „es sind so schöne Farben und Pflanzen, da würde ich ganz gerne drauf verzichten.“
„Für welche Stellen sind die Clematis gedacht?“, frage ich erfreut, da auch einige Waldreben aufgelistet sind.
„Die pflanzen wir an die Stämme der Obstbäume“,  meint Herr Gregori knapp. „Es sind wilde Clematis, die widerstansfähiger sind, auch gegen Welke.“

„Und die Boderdeckensosen?“, zähle ich weiter auf, da auch einige Rosen auf der Liste zu lesen sind.
„Ich dachte nur, damit ein wenig Farbe reinkommt für den Anfang. Ebenso die Bartblume, die noch dazu sehr spät im Jahr in Blau blüht.“
„Sie meinen fliederfarben?“, hake ich nach, da ich reines Blau neben Gelb ganz gerne im Garten vermeide.
„Ja,“ pflichtet er friedlich bei, „Blau mit einem Stich ins Violette.“

Die Bartblume (Caryopteris clandonensis) gehört  zur Familie der Eisenkrautgewächse und ist ein so genannter Halbstrauch, weil die Triebe verholzen. Die lavendelblauen Blütenbüschel blühen bis in den Herbst hinein und locken viele Insekten an.

„In fünf bis sechs Jahren müssen Sie erst wieder die Büsche schneiden,“ erklärt Herr Gregori, „und da auch nur die alten Triebe herausnehmen.“
„Du musst es dir auch merken“, fordere ich Frank auf und fange unbewusst an zu überschlagen, wie oft dies noch sein wird.

Wir ziehen unsere Jacken an, gehen in den neuen Garten hinaus und sehen alles in Ruhe an. Bei den zukünftigen Kräuterbeeten endet die Inspektionsrunde.
Mit einem Leuchtspray legen wir grob die Form und Größe fest.
Dabei enstehen drei rote Kreise im Erdreich zwischen verdorrten Grasbüscheln und Steinbrocken. Im Anschluss daran wird der Grundwasserbrunnen sein, der erst noch gebohrt werden muss, und daneben das Granitbecken für das Gießwasser. Zwischen den einzelnen Bereichen werden gröbere Steine ausgebracht, damit sich der Kräutergarten von den übrigen Beeten abheben kann.

„Und hier am Gartenhäuschen können Sie ruhig die Herbstanemonen einsetzen, die da ausgetrieben haben. Die werden groß und üppig.“ Herr Gregori zeigt auf eine bestimmte Stelle. „Die Rose müssen Sie noch zurückschneiden, dann können die Gartenbauer sie auch leicher versetzen.“
Es ist das letzte Exemplar, das noch zwischengelagert und ein wenig verloren im Wege steht. Ich nehme mir vor, gleich am nächsten Morgen in aller Frühe die Triebe zurückzustutzen.

Wir verabschieden Herrn Gregori, sein Blick fällt wohlwollend auf eine kleine lilablühende Duftpelargonie, die im Tontöpfchen steht. „Es wird Zeit, dass Sie Ihre Kräuterbeete bekommen!“
Die winzigen Lämpchen der Solarleuchten, die dezent für einige Funkellichter in der Nacht sorgen, flackern kurz auf und signalisieren, dass es spät geworden ist. Ein wunderbarer Abend geht zu Ende, der sich fest im Gedächtnis verankern wird.

 

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