Veränderungen

Mit  Müh und Not bringe ich unsere Gartenbauer dazu, den wulstigen Rand des Teiches mit dem Bagger anzuflachen.
Mit Engelszungen rede ich auf den Chef ein, um ihn nicht zu verstimmen.

Herr Elau ist denoch etwas ungehalten und meint mit ärgerlich verzogener Miene, es würde Gartenbau heißen, weil man mit schwerem Gerät hügeliges Gelände in Höhen und Tiefen errichte und nicht nur ebenerdig flache Beete.
Wenn ich den Uferbereich des Teiches so betrachte, kann ich von ebenerdig wenig erkennen, selbst wenn die Erde gleichmäßiger verteilt wird.
Einer der Gartenbauer versteht sofort, was ich meine, steigt kommentarlos in den Bagger und wirft die Maschine an.
Das Gelände des Teiches wird am Ende der Arbeiten so wie ich es mir gewünscht habe.

Der Kräutergarten ist nun fertig und kann endlich bepflanzt werden.
Die letzten Tage hat sich der Garten enorm verändert.
Die Gestaltungsmaßnahmen konzentrieren sich überwiegend auf die sonnenreiche Längsseite am zukünftigen Zaun mit den Kräuterbeeten, den Beerensträuchern, den Rispenhortensien und Heckenrosen aus alten Beständen.

Es ist vereinbart, dass wir uns alle nachmittags „Drüben im Garten“ treffen.
Die Gartenbauer kommen mit einer Wagenladung voller Büsche und blühender Rhododendren, Stauden, Clematispflanzen und Rosen und transportieren sie mit der Schubkarre zu den Beeten.

Die Pflanzaktion wird sich nachhaltig einprägen, da es einen einzigartigen Zauber verströmt,  die zarten, neuen Pflänzchen zu bewundern und zu sehen, wie sie den Garten im Handumdrehen beleben.

Nie wieder wird sich dieser trügerische Eindruck einstellen, der Garten sei „neu“, da alle Pflanzen rasch wachsen und gedeihen und an Umfang kräftig zulegen.

Zwischendrin werden bereits Findlinge für die mit ockergelber Teicherde ausgekleideten Stufe, auf der später Wasserpflanzen eingesetzt werden, lose drapiert.
Einer der Gärtner hat sich Socken und Schuhe ausgezogen, die Hose hochgekrempelt und steigt ein wenig widerwillig ins kalte Nass.

Das Wetter ist zum Pflanzen ideal, kühl und verhangen.
„Den Fächerahorn  müssen Sie aber unbedingt mit einem Leintuch großflächig abdecken, wenn morgen die Sonne zu stark scheinen sollte“, rät Herr Gregori mit besorgtem Gesichtsausdruck. Es sind heiße Temperaturen angesagt.
Der Fächerahorn ist die letzte, gefährdete Pflanze aus altem Bestand, die nun am Rand des Teiches neben dem kleinen Rondell versetzt ist.
All den anderen Pflanzen aus der Baumschule macht der Standortwechsel nicht viel aus, da sie das im Topf gebildete Wurzelwerk unverletzt behalten. Sie können sofort weiterwachsen.

In den frühen Abendstunden sind Herr Gregori und ich dann alleine, was selten vorkommt.
Wir setzen uns gemütlich an den Gartentisch und genießen die Sonne im Gesicht, die langsam untergeht und zunehmend an Kraft verliert.
Dankbar nimmt Herr Gregori sein Glas Apfelrhabarbersaft „Streuobstwiese“ und trinkt einen großen Schluck.
Er zeigt mir den leicht abgegriffenen Katalog mit den wundervollen Teichpflanzen, auf die wir uns nach der großen Pflanzaktion nun ungestört konzentrieren können, schlägt bedächtig Seite für Seite auf und fährt ganz sachte mit dem Finger über die glänzenden Abbildungen. Er macht sich Notizen.

Wieder wird auf meine Abneigung für bestimmte Farben Rücksicht genommen, obwohl ein wenig frisches Gelb dem Garten mit Sicherheit gut tun würde, wie ich längst erkannt habe. Aber vermutlich ist es jetzt etwas zu spät, um noch groß vom Kurs abzuweichen.

Aufmerksam versuche ich mir zu merken, wie die Pflege des Teiches aussehen wird, da Herr Gregori jahrzehntelange Erfahrung damit hat.
„Es reicht, wenn Sie das Wasser alle fünf bis sechs Jahre auspumpen und den gröbsten Schlick entfernen. Bald wird sich auch Leben zeigen.“

Ich wundere mich, dass es nicht häufiger sein muss.
„Es kommt auf den PH-Wert an. Wenn das Wasser zu kalkhaltig ist, dann bilden sich schneller Algen. Aber bald haben Sie ja Grundwasser.“
Grundwasser stammt übewiegend aus  Regenwasser, das versickert.

„Muss ich da hineinsteigen zum Säubern?“, frage ich ein wenig unbehaglich und fühle mich mit den nackten Füßen im weichen Schlamm einsinken.
„Ja“, lächelt er belustigt,  „das müssen Sie schon machen.“
Das Thema Teich ist für den Moment wieder abgehakt.

Und obwohl Herr Gregori zu seinem nächsten Termin aufbrechen möchte, geht er bereitwillig mit mir zu den frisch angelegten Kräuterbeeten und setzt behutsam die kleinen Gewürzpflanzen in ihren Töpfchen an die optimalen Stellen.
Wie bei einem Puzzle.
Wir sind uns einig.
In jedes der vier Beete kommt entweder eine Prachtkerze oder ein Purpursonnenhut, die als Präriepflanzen in sandigem Boden gut gedeihen. Die überwiegende Fläche bleibt den Kräutern vorbehalten.
Später am Abend setze ich alles in Ruhe ein. Die Tage sind jahreszeitenbedingt sehr lange, so dass ich ein wenig Spielraum habe.

Ich bin sehr froh darüber, wenn ich wieder etwas Aufschub bekomme und mich langsam an das sich stetig verändernde Gartenbild gewöhnen kann.

 

 

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