Felicia’s erster Sommer (1)

Wieder habe ich ähnlich wie bei Kitty Schwierigkeiten, mich an das neue Katzenkind zu gewöhnen, obwohl es mehr als bezaubernd ist.
Wenn ich sie früh morgens begrüße, strahlt sie mich glückselig aus glänzenden Augen an und liegt am gleichen Kuschelplatz wie Kitty kurz zuvor.

Mit Feli fest unter dem Arm hole ich die Zeitung aus dem Briefkasten,  dabei schöpfen wir ein wenig frische Luft.
Nach einem Kälteeinbruch zur Schafskälte Mitte Juni ist es warm geworden. Nun steht die heiße Zeit des Jahres bevor.
Ich gieße Wasser für den Kaffee auf, der handgebrüht wird, und sofort breitet sich ein feiner Duft in der Küche aus
Felicia macht es sich auf meinem Schoß gemütlich und beginnt als kleines Katzenbaby sogleich wieder zu schlummern.
Schöner und achtsamer kann ein Tag kaum beginnen.

Wir wagen uns ganz zaghaft und vorsichtig an eine Prognose, wie das Leben mit diesem Kätzchen wohl aussehen wird.
Auch der Tierarzt, den ich bald für die erste Impfung aufsuchen muss, bekräftigt uns in dem Entschluss, Felicia als Hauskatze zu halten, auch wenn wir den Gedanken so gar nicht artgerecht finden.
„Es ist zu gefährlich hier mitten in der Stadt!“, meint der Tierarzt mit sorgenvoll gefurchter  Stirn. „Was glauben Sie, wie viele Katzen im Straßenverkehr umkommen. Die Tiere können die Entfernung nicht abschätzen!“
„Aber mit Geany ging alles gut“,
wage ich einzuwerfen.
„Glück gehabt“, wischt er das Argument kurzerhand beiseite.  „Gewöhnen Sie sie erst gar nicht daran, dann kennt sie es auch nicht anders“,  rät er und der Vorsatz ist besiegelt.

Aber gibt es nicht einen Kompromiss, um den geliebten Samtpfoten ein wenig Freiraum zu schenken und den Tag abwechslungsreicher zu gestalten vor allem wenn ein so großer Garten zur Verfügung steht wie bei uns?
Die Aussicht ist verlockend.

Nach kurzer, nicht unbedingt ermutigender Recherche im Netz und vor allem bestärkt durch die positiven Erfahrungen einer sehr guten Freundin, die ihre Norwegische Waldkatze schon lange auf diese Weise spazieren führt und im kleinen Gemeinschaftsgarten springen lässt, wollen wir das Experiment wagen.

Wir bestellen das zierlichste Katzengeschirr, das sich finden lässt, und das über der Brust verschlossen wird, so dass es als komfortabel und vor allem auch ausbruchssicher gilt.
Felicia lässt die erste Anprobe geduldig mit sich geschehen, tänzelt im Wohnzimmer, windet sich wie ein glitschiger Aal und ist dennoch neugierig, was sie erwarten wird. Natürlich wird sie mit Leckereien großzügig belohnt. Die kurze Leine reicht für den Anfang  und für unsere Zwecke völlig aus.

Neben der kleinen Küchenterrasse schnuppert Felicia selig an Grashalmen, schnüffelt an den Blättern der Herstanemonen ähnlich süchtig wie Kitty zuvor am Efeu, drängt rasch in Richtung Zäune.
Dort wird es schon schwieriger, mich nicht mit der Leine zu verheddern.
Überall  im Garten stehen Tischchen, Stühle, Schlauchwägen, Gießkannen aus Zink, die beim Umfallen unangenehm  laut klappern.
Weiter geht die Erkundungstour.
In den Kräuterbeeten verfängt Felicia sich grundsätzlich an kleinen Stäben, an denen dekorative Keramikschildchen zur Kennzeichnung der Gewürze angebracht sind.

Die Kräuterbeete vor allem beim Brunnen, der das Regenwasser speichert, sind eine kleine Attraktion, denn genau gegenüber im Nachbarsgrundstück wartet oft Coco, der große Nachbarskater, vor geschlossener Terrassentür. Er verbringt die Nächte meist im Freien und ruht sich tagsüber in der kühlen Wohnung aus.
Felicia verharrt minutenlang am Maschendrahtzaun und oftmals vergeblich, ohne eine Spur von Coco zu wittern.

 

 

 

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